Strategien
für die digitale
Zivilgesellschaft

50 Shades of Campaigning

Konferenz:  reCampaign 2018

veröffentlicht am 16. Mai 2018



Wir haben uns sicher keine leichte Aufgabe gestellt, als wir den Schwerpunkt für die diesjährige reCampaign festlegten. Um den Konflikt zwischen Inhalten und Marketing im politischen Campaigning sollte es gehen. Wir fragten uns, ob neben der ganzen Suchmaschinenoptimierung, den Facebook Ads und dem Ausbau des Newsletterverteilers überhaupt noch Platz für Inhalte bleibt und ob nicht etwa das politische Ziel im Vordergrund steht, sondern Reichweite, Klick-Zahlen und das eigene Image. Natürlich war das bewusst provokant formuliert. So gut wie nichts in unserer komplizierten Welt ist einfach nur schwarz-weiß, aber erst in der Auseinandersetzung lassen sich die vielen Graustufen identifizieren, die das Thema mit sich bringt.

Und so schickten wir zwei Schwergewichte in den Konferenz-Ring. In der einen Ecke: Der politische Inhalt, wortgewaltig und durchschlagskräftig. In der anderen Ecke, das Marketing. Gutaussehend, frisch und mit großer Klappe. Schon in der ersten Runde erzeugte LSE-Professorin Lilie Chouliaraki mit ihrer Keynote Widerspruch, wonach Solidarität durch professionelles Marketing, engagierte Promis und digitale Medien konsumierbar gemacht werde. Nicht alle stimmten ihrer Kritik an dieser „Lifestyle Solidarity“ zu, sondern sahen im Marketing eher einen ersten, niedrigschwelligen Schritt, dem konkrete Angebote folgen müssten. Auf dem anschließenden Panel diskutierten Anne Jung (medico), Jean Peters (Peng!-Kollektiv), Alice Gittermann (Ballhaus West) und Sebastian Jabbusch (Kommunikationsberater) dann darüber, ob und wie zivilgesellschaftliche Kampagnen überhaupt noch Wirkung entfalten. Es ging um die Nachhaltigkeit von Kampagnen, um Radikalität von Kampagnen, bevor die Diskussion die offenbar immer noch unvermeidliche Kurve zum Klicktivismus machte. Am Ende standen Plädoyers für den Mut zu Kreativität, Komplexität und mehr Kommunikation – über Silos und Bubbles hinaus.

Aber auch außerhalb des offiziellen Programms gab es wie immer auf der rC genug Raum für die Teilnehmenden genug Gelegenheiten für Gespräche und Austausch. Insgeheim ist das ja auch unser eigentlicher Grund für die alljährliche Veranstaltung: Alle einladen, die wir gerne (wieder) mal treffen möchten! „Was macht ihr so?“ „Wie macht ihr das?“ „Lasst uns mal was gemeinsam machen!“ Diese Begegnungen machen die reCampaign aus. Genauso übrigens wie das Barcamp am zweiten Tag, welches den Input des ersten Tages in diesem Jahr besonders gut fortführen konnte. Die Beiträge beider Tage sind wie immer auch in unserem reCampaign-Archiv fein säuberlich zum Nachhören und -lesen einsortiert.

Und so entließ uns die reCampaign 2018 mit dem Gefühl, dass die politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen für die Zivilgesellschaft zwar groß sind (und zwar wirklich groß!), wir aber gemeinsam an Lösungen arbeiten können. Dafür sorgt auch die breite Palette an Instrumenten, die uns dafür zur Verfügung stehen. Wie wir sie anwenden, darüber müssen wir im Austausch bleiben und ein Bewusstsein entwickeln, was zivilgesellschaftliche Organisationen im Spannungsfeld von Inhalt und Marketing ausmacht – und welche Rolle sie spielen sollen. Das „Critical Campaigning Manifest“ von Jean Peters, das auch bei der Veranstaltung auslag, ist ein erster Vorschlag dazu.

Wir freuen uns, mit euch in Kontakt zu bleiben, eure Meinungen zu hören und von euren Erfahrungen zu lernen – vorerst auf der rC-MailinglisteFacebook oder Twitter, spätestens aber wieder in echt zur nächsten reCampaign im Herbst 2019.